Spanien beabsichtigt, Geräte und Systeme, die über eine Messfunktion für die elektrische Wirkenergie verfügen und zum Laden von Elektrofahrzeugen, neu zu regeln. Die Regeln entsprechen technisch nicht der MID (RL 2014/32/EU). Auch soll eines der MID vorgesehenen Module zur Konformitätsbewertung (H1) in Spanien nicht mehr erlaubt werden, während ein in der MID nicht vorgesehenes Modul im Entwurf der spanischen Verordnung vorgesehen ist (G).
In der Europäischen Union sind die Anforderungen an Geräte und Systeme mit einer Messfunktion für die elektrische Wirkenergie durch die MID (RL 2014/32/EU) harmonisiert. Zur praktischen Erleichterung hat die europäische Kommission am 15. Dezember 2015 das Mandat M/541 erlassen. Dieses ruft die europäischen Normungsorganisationen auf, speziell für Anwendungen wie der im spanischen Verordnungsentwurf abweichend von der MID geregelten Normen unter Bezugnahme auf die gültige und seit vielen Jahren problemlos angewendeten, einschlägigen Anhänge 1 und 5 der MID zu erarbeiten ("unter Bezugnahme auf Anhang I (z. B. Nummer 10.4) und Anhang V der Richtlinie 2014/32/EU: Ausarbeitung einer oder mehrerer europäischer Normen betreffend die gesetzliche messtechnische Kontrolle der öffentlichen Wechsel- und Gleichstromversorgung zur Nutzung in elektrisch betriebenen Verkehrsmitteln, die unter Artikel 4 der Richtlinie 2014/94/EU fallen (d. h. für den elektrischen Straßenverkehr, Seeverkehr und Binnenschiffverkehr).")
Der spanische Verordnungsentwurf somit verstößt gegen Artikel 7 MID, da die Messfunktion solcher Ladesäulen Messgeräte für elektrische Wirkenergie im Sinne der Definition von "Messgerät" der MID (Artikel 2 MID: ""Messgerät": jedes Gerät oder System mit einer Messfunktion, das unter Artikel 2 Absatz 1 fällt") sind.
Dementsprechend hat die europäische Kommission in der Stellungnahme zur Notifizierung 2022/0680/S festgehalten: "Die Kommission ist jedoch mit der Idee, die der Erklärung der Behörden zugrunde liegt, nicht einverstanden: „Die Anleitung enthält Empfehlungen für die messtechnische Gestaltung von Ladestationen, damit sie für öffentliche Anwendungen genutzt werden können", was darauf hindeutet, dass die Richtlinie nicht für Ladestationen als öffentliche Anwendungen gilt. Es ist in der Tat daran zu erinnern, dass die Richtlinie 2014/32/EU „für Elektrizitätszähler für den Wirkverbrauch, die zur Verwendung in Privathaushalten, im Gewerbe und in der Leichtindustrie“ (Anhang V) gilt und dass sie „für alle Absatzarten, einschließlich Fernabsatz“ gelten sollte (Erwägungsgrund 6)." Es besteht somit kein Zweifel daran, dass die vom spanischen Verordnungsentwurf erfassten Ladesäulen bezüglich ihrer Messfunktion für die elektrische Wirkenergie in den Geltungsbereich der MID fallen.
Über die Messfunktion hinaus verfügen Ladesäulen für Elektrofahrzeuge über weitere Funktionen, die lediglich der Steuerung und Verrechnung dienen. In Bezug auf die MID sind diese Funktionen gleich zu bewerten wie die eines (telemetrischen) Datenfernübertragungsgerätes, das an Warmwasserzähler angeschlossen wird. Bereits 2014 hat der EuGH in der Rechtssache C-423/13 für Recht erkannt, dass Art. 34 AEUV und die Richtlinie 2004/22/EG (inzwischen durch 2014/32/EU ersetzt) des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über Messgeräte sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung und Praxis entgegenstehen, wonach ein alle Anforderungen dieser Richtlinie erfüllender Warmwasserzähler, der an ein (telemetrisches) Datenfernübertragungsgerät angeschlossen ist, als Messanlage gilt und aufgrund dessen nicht bestimmungsgemäß verwendet werden kann, solange keine messtechnische Überprüfung dieses Zählers mit dem (telemetrischen) Datenfernübertragungsgerät als Messanlage durchgeführt wurde.
Hieran ändert nichts, dass in Ladestation für Elektrofahrzeuge häufig die indirekte Messtechnik zur Messung der am Übergabepunkt zum Elektrofahrzeug verkauften Energie verwendet wird. Anhang 5 MID merkt dazu an: "Anmerkung: Elektrizitätszähler können je nach angewandter Messtechnik zusammen mit externen Messwandlern betrieben werden. Dieser Anhang erstreckt sich jedoch nur auf Elektrizitätszähler und nicht auf Messwandler." Angesichts der Prinzipien des neuen Rechtsrahmens ist klar, dass die Erwähnung von externen Messwandlern hier keine Einschränkung des Geltungsbereichs auf Elektrizitätszähler zur Verwendung mit Messwandlern einer bestimmten Technologie bedeuten kann. Elektrizitätszähler zur Anwendung der indirekten Messtechnik unter Verwendung von elektronischen Messwandlern oder Kabeln unterstehen daher ebenso der MID wie solche zur Verwendung mit traditionellen induktiven Messwandlern.
Inhaltlich fallen erhebliche Abweichungen von den Anforderungen der MID auf, die zu unlauterem Wettbewerb und reduziertem Verbraucherschutz führen. So wird der Strombereich, in dem die Fehlergrenzen einzuhalten sind, gegenüber den Vorgaben der MID erheblich reduziert. Somit wird der Verbraucherschutz erheblich reduziert.
Durch Anhang XX Punkt 2.5 (Tabelle 2) werden Fehlergrenzen ohne Relevanz für den Verbraucherschutz und den Handel festgelegt, die dazu führen, dass MID-konforme Geräte ohne jeglichen Nutzen in Spanien nicht eingesetzt werden dürften. Tabelle 4 legt ferner die Fehlergrenzen für Gleichstromwirkenergiezähler nur in einem Teilbereich des Nennbetriebsbereichs fest. Somit können Hersteller irreführende Angaben zum Nennbetriebsbereich und zum bestimmungsgemäßen Einsatz machen, was zwangsläufig zu unlauterem Wettbewerb führen muss. Auch zahlreiche übrige Anforderungen des Anhang XX widersprechen den Vorgaben und Konzepten der MID in erheblichem Ausmaß.
Anhang XX (Anexo XX) der spanischen Verordnung verstößt daher gegen Recht der Europäischen Union und wird, sofern er in Kraft tritt, den freien Warenverkehr in der Europäischen Union erheblich behindern. Die dadurch verursachten Kosten werden die Energiewende verteuern und schlussendlich von den Verbrauchern zu tragen sein. Zudem führt die Rechtswidrigkeit zu Rechtsunsicherheit. Diese wird den Ausbau der Ladeinfrastruktur hemmen, obwohl dieser zentral für die Energiewende ist und erst letztes Jahr die Verordnung (EU) 2023/1804 erlassen wurde.